Was unser Immunsystem mit Schmerzen zu tun hat

Körperlich inaktive Personen haben ein größeres Risiko für die Entwicklung von anhaltenden (chronischen) Schmerzzuständen und sind bei Übungen oft mit einer gesteigerten Schmerzintensität konfrontiert. Im Gegensatz dazu verhindert und lindert regelmäßige körperliche Aktivität Schmerzen bei einer Vielzahl von anhaltenden Schmerzzuständen. Diese scheinbare Dichotomie zwischen zunehmenden und abnehmenden Schmerzen klingt verwirrend.

Eine Rolle spielt dabei unser Immunsystem, genauer gesagt die Zytokine. Dabei handelt es sich um Botenstoffe, die bei einer Reaktion des Immunsystems gebildet werden. Unter „normalen“ Bedingungen besteht eine Balance zwischen entzündungsfördernden und entzündungshemmenden Zytokinen. Dieses System nimmt eine wichtige Funktion bei Schmerzen ein. Ein Beispiel hierfür wäre eine Grippe, die sich unter anderem durch Gliederschmerzen äußert.

Haben wir bei einer Grippe Schmerzen, weil ein Schaden im Gewebe vorhanden ist? NEIN!

Ist der Schmerz dadurch nur eingebildet?NEIN!

Das Gleichgewicht zwischen entzündungsfördernden und entzündungshemmenden Zytokinen ist ein Schlüsselkonzept zum Verständnis der Wirkung des Immunsystems auf Schmerzen. Bei körperlich inaktiven Personen sind mehr entzündungsfördernde Zytokine vorhanden. Das ist eine mögliche Erklärung dafür, warum Übungen zu Beginn schmerzhaft sein können, da das System auf ermüdende Reize mit einer Ausschüttung von entzündungsfördernden Zytokinen reagiert, zusätzlich muss sich der Muskelmetabolismus umstellen.

Ist diese Reaktion ein schlechtes Zeichen?
Nein, denn regelmäßige körperliche Aktivität kann den Zustand des Immunsystems so modulieren, dass das Gleichgewicht von entzündungshemmenden zu entzündlichen Zytokinen steigt und somit die Entstehung chronischer Schmerzen verhindert wird. Außerdem zeigen Personen, die regelmäßig an intensiven Aktivitäten teilnehmen, im Vergleich zu weniger aktiven Personen eine verringerte Schmerzempfindlichkeit und eine verbesserte konditionierte Schmerzmodulation.

Schmerzhafte Übungen können also Sinn machen (je nach Intensität)
Ein weiterer Vorteil dabei ist das Potenzial des assoziativen Lernens. Schmerzhafte Übungen helfen dabei, eine schmerzassoziierte Angst zu rekonzeptualisieren, indem man seine Überzeugungen bezüglich Schmerz und Schaden zu hinterfragen beginnt. Langfristig kommt es zu einer Regulierung des Immunsystems lokal im Gewebe und im zentralen Nervensystem.

Disclaimer
Jedoch ist es wie immer wichtig dabei nicht in Extremen zu denken. Denn das bedeutet nicht, dass dies die Ursache für jede schmerzhafte Übungserfahrung ist und das Training in den Schmerz immer sinnvoll sein muss. Neuroimmunologische Veränderungen können von vielen Faktoren beeinflusst werden. Jede Schmerzwahrnehmung ist einzigartig und muss individuell betrachtet werden. Falls du dazu genauere Fragen hast, schreib uns gerne eine Nachricht 🙂

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Quellenliste:
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